Seit bald 100 Jahren findet Kultur in der Balver Höhle statt, in Form von Konzerten, Theater, Schützenfesten, Festspielen. Das Balver Land hat durch die Höhle und ihre vielfach im Fernsehen übertragenen Events überregionale und internationale Bekanntheit erlangt. Balve ist damit zu einer Marke geworden.
In der heutigen Form ist die Balver Höhle ein Kind des 19. Jahrhunderts. Kunst und Kultur in der Höhle wurden erst durch die bald 200 Jahre zurückliegende “Missetat” pfiffiger Balver Bauern möglich, welche die fruchtbare Wirkung des phosphatreichen Lößbodens der Höhle entdeckt hatten und die Höhle gründlich ausräumten, um den gehaltvollen Naturdünger – samt wertvoller Artefakte aus der mittleren Altsteinzeit – auf den umliegenden Feldern zu verteilen. Vom Rat der Stadt wurde dazu eigens eine Höhlenkasse eingerichtet. Nicht um Eintrittsgelder zu kassieren, sondern um die Düngerfuhren mitsamt den prähistorischen Schätzen, deren enorme wissenschaftliche Bedeutung damals noch nicht verstanden wurde, abzurechnen und den städtischen Haushalt damit aufzubessern. In einer Hauruckaktion entstand aus der Neandertaler-Kulturhöhle innerhalb weniger Jahre die heutige moderne Kulturhöhle: Aus der randvoll mit Lößboden und Artefakten angefüllten Höhle wurde peu á peu der “Felsendom”: Ein gewaltiger Hohlraum, eine riesige Bühne, ideal für Feste, Kunst und Kultur.
Wie eine Lithographie von 1810 belegt, war der Bereich vor der Höhle fast bis in Höhe der Höhlendecke mit einer gewaltigen Anschüttung bedeckt und die Höhle selbst kaum begehbar, angefüllt mit Lößboden.
Festspiele Balver Höhle
Begründet wurden die Festspiele, damals noch unter der Bezeichnung “Balver Höhlenspiele”, im Jahr 1922 von Theodor Pröpper, dem Balver Komponisten, Kirchenmusiker und Heimatdichter. Dieser visionäre Ideengeber und Begründer der Festspiele erklärte die Faszination der Spielstätte und der “Höhlenspiele” so: “Die Balver Höhlenspiele haben ihren Urgrund im Erlebnis der Heimat. Im Jahre 1922 geschah es zum ersten Mal, dass anlässlich der ersten Tagung des jungen Sauerländer Heimatbundes die Balver Höhle mit der Aufführung des Redentiner Osterspieles dem Laienspiel dienstbar gemacht wurde… Das Laienspiel reißt unberechtigte Schranken nieder, die durch Besitz und Stand aufgetürmt sind. Wie sich die Spielschar aus den verschiedenen Ständen und Berufen zusammensetzt, so wendet sich auch das Spiel selbst nicht nur an bestimmte Gruppen, sondern an alle Bewohner der Stadt, des Ortes, eines ganzen Landschaftsgebietes. Die Aufführung des Spieles wird für alle Beteiligten eine festliche Angelegenheit […] Die Besonderheit der Balver Höhlenspiele beruht in der Einzigartigkeit der räumlichen Verhältnisse. Die Frage des Raumes ist für das Laienspiel von größter Bedeutung. In dieser Beziehung geht es eigene Wege […[ Die Raumfrage ist in der Balver Höhle in geradezu vorbildlicher Weise gelöst. Ein mächtiges, tonnenartiges Gewölbe, ein gewaltiger fast 100 Meter langer Felsendom bildet eine Raumeinheit von solcher Geschlossenheit, wie sie in der Natur für szenische Darstellungen kaum idealer gedacht werden kann. Die Höhle vermittelt ein Raumerlebnis von stärkster Wirkung… Der Raum zwingt zur Konzentration, zur Schau auf das Wesenhafte, erleichtert das Hinübergreifen ins Transzendente” (Zitate aus: Balver Buch, 1930).
Die Entwicklung der Festspiele verlief in drei Phasen: Die Spiele der 1920er-Jahre, die Phase von 1947 bis 1958 und von 1984 bis heute. Mit der Gründung des Vereins wurden die Spiele schließlich zu einer dauerhaften Kultureinrichtung, an die die Stadt Balve später ihre Kulturaufgaben zur Entlastung des städtischen Haushalts delegieren konnte.
Mehr zur naturhistorischen Bedeutung der Balver Höhle, der geplanten Sprengung der Höhle nach dem 2. Weltkrieg und zur Geschichte der Festspiele und Balver Schützenfeste hier.
Schützenfeste in der Balver Höhle
Die Balver Schützenbruderschaft ist aus der bürgerlichen mittelalterlichen Stadtwehr hervorgegangen, deren Mitglieder sich meistens in Anlehnung an die Kirche unter den Schutz eines Heiligen stellten, bestimmte kirchliche Verpflichtungen übernahmen und richtige kirchliche Bruderschaften bildeten (Balver Buch Seite 273). Ihre Ideale und ursprüngliche Aufgabe standen unter den Worten: Glaube, Sitte und Heimat.
Diese bruderschaftlichen Bürgerwehren mußten sich fleißig an den Waffen üben und schlossen sich in militärischen Ordnungen unter Hauptleuten und Offizieren kompanieweise in alten und jungen Mannschaften zusammen.
Der erste größere Zusammenschluß der Balver Bürger geschah mit der Verleihung der Stadtrechte am 22. Oktober 1430, und zwar in der sogenannten Bürgerwehr oder auch Schützenbruderschaft. Zu diesem Zeitpunkt wurden in Balve auch die Stadtmauern gebaut. Um diese Stadtmauern verteidigen zu können, war eine Bürgerwehr vorhanden. In unruhigen Zeiten – und die gab es immer wieder – trat ein erhöhter Selbstschutz durch die Bürger ein.
Die Aufgabe der Schützenbruderschaften bestand vor allem im Schutze der Heimat.
Um diesen Zweck besser erfüllen zu können, waren die örtlichen Schützenwehren in Amtsverbänden zusammengeschlossen, die unter dem Befehl des Amtsdrosten und dem Kommando eines Anführers standen. Im Amt Balve umfaßten diese Verbände um das Jahr 1590 etwa 400 bis 500 Leute. Auf Anordnung des Amtsdrosten mussten die Schützenwehren die Wolfsjagden durchführen (1650), Landwehren gegen die Plettenberger Grenze bauen (um 1570) und besonders in den immerwährenden mittelalterlichen Grenz- und Markenstreitigkeiten die Waldungen und Viehherden gegen märkische Übergriffe und Räubereien und Waldverwüstungen schützen (1500–1730). Weiter mussten sie für den Schutz der Landstraßen sorgen, örtliche Verteidigungen in Affeln schaffen (1590) und die Stadtgräben in Balve entschlammen helfen (um 1640). Daneben wurden sie immer wieder gerufen, vagabundierende Soldatenbanden und Zigeuner fortzutreiben und Deserteure, Diebe, Verbrecher, Räuber und andere Missetäter einzufangen.
Aus dem Stadtarchiv bzw. Kreisarchiv ist das Vogelschießen erstmalig 1663 nachzuweisen – wie auch folgend eingesehen werden kann – und von da ab jährlich. Diese Unterlagen konnten wir anhand von Stadtrechnungen, da die Stadt z. B. Holz für eine neue Vogelruthe (Vogelstange) bezahlen mußte, im Archiv ausfindig machen.
Aus dem Stadtarchiv geht auch hervor, dass die Stadt im Jahre 1840 vor der Höhle einen Schützenplatz anlegte, wozu man die Erd- und Geröllmassen der Balver Höhle benutzte (Balver Buch Seite 39). Der Eingang war damals kaum 1,60 Meter hoch.
Man benutzte die Lehmmassen wegen ihres Phosphorgehaltes als Düngemittel für die Felder.
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Nach der ersten Ausgrabungsperiode 1843/44 ruhten die offiziellen Ausgrabungen, da die Höhle im vorderen Bereich vollständig untersucht war.
Es ist zu vermuten, dass ab 1845 das Schützenfest in der Höhle gefeiert wurde, und zwar nur in diesem vorderen Bereich. Um 1870 wurden die beiden Höhlenarme untersucht und ebenfalls ausgeleert. In einem Protokoll vom 8. Juli 1869 erhält der Schützenverein von der Stadt die Erlaubnis, ein Schützenfest in der Balver Höhle zu feiern. 1879 wird erstmals in einem Protokoll vom Kriegerverein die Verlegung eines Tanzfußbodens aus Holz in der Höhle erwähnt.
Die ä l t e s t e Eintragung aus dem Jahre 1663
Die älteste und auch erste Eintragung, welche im Stadtarchiv gefunden werden konnte – Fortsetzung des Textes auf der nächsten Seite. Daraus geht hervor, dass 1663 bereits ein Schützenverein oder eine ähnliche Gruppierung wie Bürgerwehr bestanden hat.
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x Item = dto. für deß Koenigs huds = hut
auf dem Vogell Schießen ver ? – 1 Th 75 Sh 6 Pf
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Rechnung der Stadt Balve
durch den Kämmerer ?
? zu berechnen
de no 1663. Sie erhalten das
14. jan: 1664
Das Schützenfest war in Balve seit alters ein allgemeines Volksfest, an dem nach den ältesten Statuten jeder Schützenbruder ohne Unterschied des Ranges, Standes und Vermögens teilnehmen sollte. So ist es auch erklärlich, dass von jeher die geistlichen wie weltlichen Obrigkeiten dazu besondere Einladungen erhielten und zum Feste erschienen.