Alter Heerweg: Trassenstück Benkamp bis Hachen über Balve (die Trasse Balve – Hachen zeigt den vermutlichen Verlauf über Wocklum und Melschede). J. Hinzpeter geht dagegen von einer Trasse über Hövel nach Hachen aus, eine andere Trasse führte über Kirchlinde nach Neheim. In jedem Fall war der Heerweg eine uralte Hauptverbindung im Sauerland, lange bevor Straßen existierten. Sie reicht bis in die Steinzeit zurück.

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Wilhelm Sauerländer: Der alte Heerweg von Köln über Lüdenscheid nach Arnsberg

In „Der Reidemeister“ vom 6. August 1959 (Auszüge)

“Der Heerweg, auch „Königsstraße“ genannt, hat bis zum Aufkommen der modernen Chausseen und Landstraßen, d.h. bis vor etwa hundert Jahren, für den gesamten Verkehr hier die größte Bedeutung gehabt. Was es mit diesen „Königsstraßen“ für eine Bewandtnis hat, weiß Hömberg  folgendermaßen zu schildern:

»Für die richtige Breite der Königsstraße pflegte man auf eine ebenso einfache wie probate Art zu sorgen: Der Graf, dem die Aufsicht über die Königsstraße zustand, besaß zu diesem Zweck einen Spieß von 16 Fuß Länge, den er quer über seinen Sattel legte, wenn er die Königsstraße entlang ritt. Wo immer dieser Spieß ein Haus oder einen Zaun oder ein anderes Hindernis berührte, da eilten alsbald die Knechte her, um das Hindernis einzureißen, mochte sein Besitzer auch noch so jammern und klagen. Zum Schaden traf ihn auch noch die Strafe, die in diesem Falle immer in einer besonders schweren Geldstrafe, der Königsbannbuße bestand. Zur Instandhaltung der Königsstraßen konnten die Grafen des Landvolk zum Wegebau aufbieten, doch kam bei diesem Tagwerken selten nützliches zu Stande, weil das Volk nicht zu überzeugen war, dass die Instandhaltung der Landstraßen im Interesse aller liege. Nun der Bauer kam ja nur selten dazu, diese Wege benutzen zu müssen. Er sah deshalb gelassen zu, wenn sich die fremden Fuhrleute mit ihren Gespannen in den zerfahrenen Hohlwegen quälten. Kam sie nicht mehr vorwärts, so konnte er durch Vorspannleisten ein Stück Geld verdienen. Eine schlechte Straße war für ihn ihr Geld ab als eine gute, und sie war darüber hinaus auch weniger gefährlich. Denn die Landstraßen dient ja nicht nur den friedlichen Verkehr, sondern auf ihnen kam, wenn es Krieg gab, der Feindesland, dann hatten die Dörfer und Höfe in der Nähe der Straße immer viel schwerer zu leiden, als jene, die sich fern von ihr in den Wäldern versteckten.« (…)

Der Abschnitt von Balve nach Benkamp führte von der Balver Hauptstraße geradlinig über den “Dechant-Amecke-Weg” am Friedhof vorbei zum Murmecke-Bach, dem es bis zur ehemaligen Grube Wiebusch folgt. Von dort  über den Bergbauwanderweg Richtung Düsterloh. Nach Querung der K11 endet der Feldweg kurz hinter der Murmeckequelle. Die Heerstraße führt weiter durch ein Waldstück (ca. 250 m, auf der Karte gelb markiert), und von dort aus wieder als offener Feldweg bis kurz vor Benkamp.

In Werdohl kreuzt die „Alte Landstraße von Cölln auf Arnsberg“, wie sie auf einer Teilungskarte der „Gevener Mark“ von 1772 genannt wird, die Lenne an der uralten Furtstelle, wo später (erstmals 1554) eine Brücke gebaut wurde. Hier lag der gastliche „Busenhof“, dessen Geschichte der Werdohler Alfred Colsmann in so lebendiger Art geschildert hat: »Der Busenhof war ein stattliches Gasthaus und als solches mit Gastställen ausgerüstet. Der große Busenstall lag in der Ruhr, nahe der Furt und des Dorfes Schmitte. Dort hat zweifellos reges Leben geherrscht, solange, gestützt auf den Handel der Hansestädte, das märkische Eisengewerbe in Blüte gestanden hat. Auch im Busehof werden oft Ritter, Kaufleute, Fuhrleute, Pilger, Handwerksburschen und viel fahrendes Volk eingehalten haben. Sie mussten, wenn bei Hochwasser der Verkehr stockte, dort oft tagelang rasten.«

Von Werdohl aus geht unsere Straße nicht, wie man annehmen sollte, auf Neuenrade zu, sondern zieht sich an der Landwehr der alten Geverner Mark vorbei direkt auf Küntrop zu, das in sanftem Anstieg erreicht wird. Die vorhin schon erwähnte Markenteilungs-Karte von 1772 zeigt diesen Verlauf der „Landstraße von Cölln auf Arnsberg“. Die Gründe dazu sind leicht aufzuspüren: Neuenrade ist eine junge Stadt, gegründet 1355, die ältere Straße, damals schon Jahrhunderte alt, hatte den bequemeren Zug über Küntrop gewählt nach Balve, Hachen, Arnsberg, Soest, wo sie sich mit dem großen westfälischen Hellweg vereinigte. Gerade für diesen Abschnitt sind die Quellen zu ihrer Eigenschaft als Königsstraße zahlreich genug, um sie nochmals an solche festzulegen.

Sie war eine Heer- und Handelsstraße zugleich, und wenn sie erzählen könnte, so wäre sie vor allem zuständig für das »große« Geschehen in der Landschaft. Hat sie doch die Heerzüge des Großen Karl so gut erleben müssen wie die der späteren Jahrhunderte. Sie hat die spanischen Horden des Generals Mendoza im »spanischen Winter« von 1598/99 so gut ertragen wie die Züge der längsten Leidenszeit des Landes im 30-jährigen Krieg; Spanier und Statische (Holländer) haben einander gejagt, Wallenstein und Schweden vor allem in den Jahren 1632-1639, und die Pest ist damals auf ihr »eingewandert« und hat die Bevölkerung um die Hälfte ihres Bestandes verringert. In den Raubkriegen des »Sonnenkönigs« hat die gesamte Bürgerschaft von Lüdenscheid einmal sogar Haus und Habe verlassen müssen und ist in die Wälder geflüchtet.

Heerwege sind Blutstränge geschichtlichen Lebens. Auf ihnen ist die christliche Kultur ins Land gezogen und hat hier ihre bedeutenden Denkmäler errichtet. Kirchen und Kapellen, Burgen und Gerichtsstädten, meist an Friedhöfen oder Kreuzungen sind vornehmlich an ihnen errichtet worden, Landwehren begleiten auf der ganzen Strecke ihren Zug. Pulver und Eisen ist so gut und so schlecht auf ihm transportiert worden wie Könige und Erzbischöfe auf ihm gefahren und geritten sind. Der Zauber ihre Geschichte, heute noch in den Reststücken zwischen Wipperfürth und Halver sichtbar und spürbar wird auch hier bald verschwunden sein”.

 

Jürgen Hinzpeter (2014): Frühzeitliche und mittelalterliche Wege im Schnittpunkt von Menden, Hemer, Balve und Neheim (Ausschnitt)

Der Heerweg (Soest (Werl)-Arnsberg-Hachen-Balve-Lüdenscheid-Köln)

“Von Werl aus querten tiefe Hohlwege den altbesiedelten Haarstrang in Richtung Lüdenscheid. Bei Höingen im Norden von Neheim und bei Beckum befinden sich etwa 30 Gräber, verteilt auf einer Strecke von zweieinhalb Kilometern. Aus der Verteilung der Gräber erstellte B. Bahnschulte Fundlinien, die einen Weg erkennen lassen. Das Alter des Weges weist er der jüngeren Steinzeit zu. Weiter führte der Fuß- und Reitweg zur Balver Höhle mit ihren steinzeitlichen Funden und zu einem Wall- und Grabensystem aus vermutlich karolingischer Zeit, nachweislich aus ottonischer Zeit, auf dem Burgberg bei Wocklum.

Offensichtlich handelt es sich hier um einen seit jeher stark frequentierten Weg, der hinter Balve nach Küntrop abfiel, und an der Landwehr der alten Geverner Mark östlich von Neuenrade vorbei zum Gebirgsrücken der Homert führt, um zum Lenneufer bei Werdohl nochmals steil abzufallen. Die westlichste Trasse dieses Heerwegs führte von Neheim über Holzen bis nach Mimberge. Hier stieß sie auf den Höhenweg VIII. Der weitere Verlauf dieses Heerwegs Richtung Balve lässt unterschiedliche Trassennutzungen zu. Die geographisch einfachste Variante verläuft über Kirchlinde. Bemerkenswerte Hohlwegreste haben sich nördlich von Neheim (L732 Abzweig K 30) und nördlich von Holzen im Lührwald (K.D. Im Kirchwald Neheim) erhalten”.

Die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung der Straßen und Wege belegt ein eindrucksvolles Dokument von 1767: Ein neun Punkte umfassendes “Reglement zur Ausbesserung der Land- und Nebenstraßen und Wege im Amt Balve“, verfasst vom Drosten des Amtes Balve, das uns Jürgen Hinzpeter freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. In diesem Dokument werden die notwendigen Arbeiten und Zuständigkeiten detailliert beschrieben. Beispiele Punkt 3: “Nötige Brücken aufrichten und mit guten Geländern versehen und alte Brücken in gutem Stand halten“, Punkt 8: “Hecken solchermaßen kürzen, dass Kutschen und Wagen füglich passieren und durchfahren können“. Weiter folgt eine genaue Beschreibung der Straßenbaubezirke und Zuständigkeiten. Dies betrifft unter anderem die Verbindung Balve-Benkamp.

Nachfolgend eine Fotodokumentation des alten Heerwegs zwischen Balve und Benkamp (heute teilweise “Bergbauwanderweg”).

Heerweg in Richtung Süd-West: Fotos vom Abschnitt Balve – Benkamp 

Heerweg in Richtung Nord-Ost: Fotos vom Abschnitt Benkamp – Balve