In ihrem Buch „Das malerische und romantische Westfalen“ Levin Schücking und Ferdinand Freiligrath schreiben im Jahr 1841 über das Hönnetal:

Es ist eine romantische Wanderschaft; das Tal klemmt sich immer wilder und düsterer endlich zur engen Schlucht zusammen; die schmale Hönne rauscht pfeilschnell unten über kantige Felsbrocken, aufbrodelnd und Streichwellen über den Fußweg schleudernd, bis endlich aus tiefem Kessel uns das Gebrause und Schäumen einer Mühle entgegen stürmen. Hier ist die Fährlichkeit überwunden, eine kühne und kuppige Felswand springt vor uns auf, drüben ragen die Ringmauern und Trümmer einer alten Burg, aus der ein neueres Wohnhaus wie ein wohlhäbiger Pächter einer alten Ritterherrlichkeit hervorlugt. Der Weg führt etwas seitab, durch´s Gebüsch, zum Eingange der Höhle, die uns wie ein schwarzes Thor entgegengähnt.

Das Gewölbe ist schön und weit gespannt, eine kühne Architektonik; der erste Raum ist  200 Fuß lang. An Decke und Seitenwänden glänzen Stalaktiten von röthlicher Farbe und grotesken Bildungen; an jeder Spitze ein gräulich glänzender Tropfen, der langsam fällt und die Höhle mit einem monotonen Geräusche einschläfert. Im Hintergrund klaffen zwei dunkle Spalten auf, die man mit Fackellicht, scheu vor dem überall versickernden Wasser, gebückt vor den wie Spieße niederdrohenden Tropfsteinzapfen, betritt, vorsichtig durchschreitet, endlich durchkriecht. Nach mühseliger Fahrt dämmert der Schimmer des Tages uns entgegen, wir stehen wieder in der Eingangshalle, ehe wir’s gedacht und sind verwundert, einen Halbkreis beschrieben zu haben, während wir uns den Eingeweiden der Erde immer mehr zu nähern glaubten.

Nehmen wir den Weg, nachdem wir aufgeathmet, über die Höhe, an den Mauertrümmern her, lassen uns einen frischen Trunk oben aus dem unergründlich tiefen Brunnen winden und schauen über das Gemäuer und die Felskante in den drunten beginnenden Schlund, um dessen Riffe wie um die Burgruine eintöniges Mühlengeklapper und düstre Wipfelschatten, eine Veit Webersche Sagenpoesie schweben, wenn in der Dämmerung die große reheverzehrende Ohreule Schufut [Uhu] sie umkreist. Über die Erbauung der Burg Lobenstein berichtet uns Levold von Northof in seiner für die Geschichte der Grafen von der Mark so wichtigen, aber auch wahrhaft grauenhaften, als den ganzen Inhalt seiner Zeit nur Fehden, Schlachten, Verwüstungen von Land und Leuten, Belagerungen von Städten, Zerstörungen und Berennungen von Burgen, blutigen Hader all überall aufweisenden Chronik: “im Jahre des Herrn 1353, da der Graf Engelbert über´s Meer ging, begann Gerhard von Plettenberg in Abwesenheit des Grafen die Burg und die daran liegende Stadt Rode zu gründen und zu erbauen, und gleicherweise auch die Burg Clusenstein, wie diese Bauten noch heutzutage zu sehen sind”. […]

Klusenstein kam später durch Kauf von einer Hand in die andere und befindet sich jetzt in Privateigentum. Doch kommt 1275 eine Gräfin Mathilde von Isenburg und Klusenstein, später Abtissin von Metelen und Nottuln, vor. Die Sage kennt eine Mathilde, die Gemahlin eines Ritters Eberhard von Klusenstein, der in den Kreuzzügen als Gefangener der Sarazenen schmachtet, während sein Feind, der schwarze Bruno, die Nachricht von seinem Tode verbreitet und um sein Weib wirbt. Sie aber entflieht dem Verhassten und dieser nimmt ihre Burg in Besitz, bis Ritter Eberhard heimkehrt, die feste Erstellung und in heißem Kampfe auf dem Burghof den Räuber überwältigt und über die Ringmauer tief unten in den Abgrund schleudert.

Von Klusenstein führt das Hönnethal weiter hinauf an dem hübsch gelegenen Wirthshaus Sanssouci vorüber nach dem Städtchen Balve, in dessen Nähe die Gegend weniger wild romantisch ist, aber ebenfalls ein merkwürdiges Denkmal schaffender Naturkräfte in der „Balver Höhle“ besitzt – wie das Kalksteingebirge zwischen Ruhr und Lenne überhaupt einen auffallenden Reichthum an Grotten und Höhlen hat. Die Balver Höhle zeichnet sich durch das großartige Thorgewölbe, das ihr zur Einfahrt dient, aus. Sie besitzt viele Reste antediluvianischer Thiere – man findet Zähne urweltlicher Geschöpfe bis zu sieben Pfund Gewicht“.

Eine naturkundliche Reise durch Westfalen führte Friedrich C.D. von und zu Brenken (1790-1867) und seine Reisegenossen im Jahr 1820 auch durch das Hönnetal. Er berichtete über diese „große Botanisch-mineralogisch- und Geognostische Reise durch das Herzogthum Westphalen“ in einem Reisetagebuch.

Fünfter Tag. d. 24. July 1821
Balve, Klusenstein. Sundwich

Mit munterem Horngeblase zogen wir aus Balve. Die alte Eiche daselbst ist halb verfault, doch von 7-8´ Diam[eter]. Der Felsen über Balve ward bestiegen. Chlorit. – rünstein, Quartz Cristalle und Körner in thoniger grauer Masse, oft in nierenförmigen Formen, – oft in Grauwake übergehend.

Die Balver Höhle wurde besehen, und gezeichnet.

Clusensteiner Thal, mit seinen schönen Felsen – Die Höhne versinkt oberhalb der Mühle unfern dem Dörfchen Binohlen und tritt erst 100 – 130 Schritte über der Mühle wieder hervor.  Hier die Gränze zwischen Mark und Westfalen. – Die Höhle wird befahren, dann die mitgebrachten Lebensmittel und Erfrischungen im Schatten der Buchen am Fuße der Felsen eingenommen.

Besichtigung des Felsenmeeres bei Sundwich. Darnach die große Sundwicher Höle. – jetzt Prinzenhöle genannt. Menschenhände verderben mit unnützen Künsteleien, das schöne Werk der Natur. Die ganze Länge der Höhle = 600´. Die Fingerhut-Fabrik des Herren Vonderbecke zu Sundwich.

Die ganze Gesellschaft friert ohne Deken auf der Streue. Von den Kalksteinfelsen der Balver Höhle bis unter Bienohl steht thonige Grauwake am Fuße der Berge zu Tage. Ohnfern dem Gute Clusenstein beginnt der Stinkkalk, der hier, von der Höhne durchbrochen mächtige Felsen von 100 – 150´ Höhe bildet. Kalksinter überzieht die inneren Flächen beider Höhlen. Bähren Knochen der Sundwicher Höhle, davon Obersteiger Stämmler noch 3 besizt. Eisenkiesel der Sundwicher Werke. Cristalle und After Cristalle. Kalkspath. Bei Deilinghofen Grauwake am Fuß des hohen Balver Waldes.

Dürftiger Forstbestand. – Nur in der Umgebung von Clusenstein von einigem Betracht. Reine Nadelholz-Anlagen, wozu Boden und Clima so sehr schiklich.

  • Dianthus armeria
  • Rosa serpens Cuh.
  • Genista germanica.
  • Hypericum montanum.
  • – pulchrum.
  • Asplenium scolopendrium.
  • Polypodium calcareum.
  • Geranium lucidum.

Der Balver Wald = 1648 par. Fuß. 1822 im May hatte ich Gelegenheit, von Melschede aus diese Gegend genauer zu untersuchen, und fand am westlichen Fuße des Effenberges, in der Umgebung der Höfe Grübbeke schöne Steinbrüche des röthlich und grünlichen breccienartigen Kalchsteins, dessen Lager sich bis in die Nähe von Melschede, in das von Hövel herab ziehende Thal, ansteht. Südlich streicht dieser Kalch bis zwischen Melschede und Woklum, an den südlichen Abhang, des Melscheder Thales, wo er den schwarzen plattenförmigen, von dem hellgrauen Uebergangskalch trennt.

Ueber Woklum fand ich in einer kleinen alten Steingrube, sehr schönen stänglichen Kalchspath. Der Berg südlich von Melschede besteht ganz aus Grauwake. – Der Kalchstein bei Klusenstein hatt einigen Ammoniak-Geruch. Große kugliche Massen, mit regelmäßigen Erhöhungen und Vertiefungen, in den conzentrisch-schaaligen Absonderungen. Madreporen Kalch. Der grünliche Kalch im Clusensteiner Thale ohne regelmäßige Schichtung und Lagerung.

Malerische Ansicht auf die Eisenhütte – schönes Thal unterhalb demselben, bei Ober u. Nied. Rällinghausen [wohl Rödinghausen] Brauneisenwerk des Hrn. v. Dücker, dessen schöne Anlagen, und Oekonom.

 

Die Bedeutung, die das “wilde und gefahrvolle” Hönnetal in der Wahrnehmung der Zeitgenossen hatte, belegt eine Vielzahl von Postkartenmotiven, Stichen und Gemälden aus der Zeit der Romantik. In bildlichen Darstellungen wurde das Hönnetal oft romantisch überhöht, auch räumlich stark ausgeweitet. Teilweise wurde sogar die Fließrichtung der Hönne geändert (von Nord nach Süd), wenn es besser zur Bildkomposition passte.

Ausführlich hat Dr. Theo Bönemann (Menden) in der Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes 2004 zum Thema Romantisches Hönnetal geschrieben. Lesenswert dazu seine Interpretation der bildlichen Darstellungen und Motive. Auf seiner historischen Webseite liefert Bönemann eine Übersicht von Bildpostkarten mit Hönnetalmotiven aus der Zeit um die Jahrhundertwende und nimmt zum Thema Denkmalschutz der Klusensteiner Mühle Stellung.

Siehe auch: Das romantische Hönnetal. Von Theo Bönemann
In: Sauerland, Zeitschrift des Sauerländer Heimatbundes 2004-2