Wie die Deutsche Bahn den Naturschutz ad absurdum führt

Die Deutsche Bahn führt zurzeit Felssicherungsarbeiten am nördlichen Ausgang des Binoler Tunnels im Hönnetal durchs. Der Bereich liegt mitten im Naturschutzgebiet Hönnetal, genauer im Kernbereich des NSG unmittelbar unterhalb der Feldhofhöhle. Hier handelt es sich um einen der schützenswertesten und empfindlichsten Bereiche im Hönnetal. Hier wachsen seltene Pflanzen, leben seltene Tiere und es gibt ausgedehnte Höhlen mit archäologischer Relevanz.

Im Rahmen der Sicherungsarbeiten wird das hoch sensible Areal massiven Zerstörungen ausgesetzt. Und das zu einer Zeit, in der Bodenbrüter beginnen ihre Nester zu bauen und Amphibien aus dem Winterschlaf aufwachen. Besonders die dort lebenden Amphibien wie z.B. Feuersalamander und seltene (teil endemische) Schneckenarten, werden durch den Bohrstaub verenden. Der feine Kalkstaub zieht den Molchen und Mollusken die Feuchtigkeit aus der Haut und lässt sie schließlich sterben.

Bereits 2017 begannen die Planungen für das Projekt. Es waren zahlreiche Vertreter öffentlicher Belange beteiligt, darunter auch der heutige Vorsitzende des Naturhistorischen Verein Hönnetal e. V. Andreas Kolarik. Von Seiten des Naturschutzes wurde die Maßnahme klar abgelehnt, auch durch die Höhlenforschung, vertreten durch Kolarik, wurde sie als sehr kritisch für die Höhlen und Höhlenbewohner gesehen. Trotzdem wurden die von Kolarik erhobenen aktuelle Vermessungsdaten und Erkenntnisse aus den Höhlen in Bereich zwischen Binoler Tunnel, Feldhof- und Friedrichshöhle dem zuständigen Ingenieurbüro überlassen. Diese Daten wurden jedoch nicht an das Eisenbahn Bundesamt weitergegeben, wodurch keinerlei Kenntnisse über die Beschaffenheit im Untergrund bei den Planungen berücksichtigt wurden.

Bohrer mitten im NSG
Der Boher ist vollständig versenkt, 2,20m tief dringt er in den Fels ein. Foto: Andreas Kolarik
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Ungeachtet aller Einsprüche, Stellungnahmen und Warnungen wurde am Montag dem 11.04.22 mit den Sicherungsarbeiten begonnen. Pünktlich zum 110 jährigen Bestehen der Hönnetalbahn führt die Deutsche Bahn nun eine aus unserer Sicht vollkommen überzogene Sicherungsmaßnahme durch. In den letzten 110 Jahren ist dem NHV Hönnetal e. V. keine Entgleisung eines Zuges bekannt. Es hätte aus Sicht des Naturschutzes ausgereicht, die Geschwindigkeit der Wagen weiter zu reduzieren, um bei doch mal auf dem Gleisen liegenden Steinen rechtzeitig bremsen zu können. Die Hönnetalbahn ist keine Hochgeschwindigkeitsstrecke, und wird es auch nicht werden. Für den NHV Hönnetal e.V. sind Sicherungsmaßnahmen in diesem Ausmaß unbegreiflich, eine solche Verwüstung mitten im sensibelsten Bereich des Naturschutzgebiets Hönnetal präzedenzlos. Auch für die Bahn gilt das Naturschutzgesetz und sie hat ihre Maßnahmen mit Augenmaß durchzuführen. Zu befürchten ist leider, dass dies nicht die letzten Sicherungsmaßnahmen der Bahn an der Hönnetalstrecke sein werden, die dann genauso skrupelfrei durchgeführt werden.

Es bedarf aus unserer Sicht dringend einer Gesetzesänderung, dem Eisenbahnbundesamt muss die alleinige Entscheidungsgewalt über derartige Projekte in Naturschutzgebieten entzogen werden. Verkehrssicherheit hat natürlich Vorrang. Dies rechtfertigt aber keine überdimensionierten Eingriffe in unsere wertvollsten und sensibelsten Naturschutzgebiete. Das Hönnetal ist bereits schwer gezeichnet durch diverse Maßnahmen. Hier ist ein grundlegendes Umdenken erforderlich. Verkehrssicherheit ist möglich, ohne den Naturschutz mit Füßen zu treten.

Zerstörung im Naturschutzgebiet