Mit dem geplanten Abriss der stadtbildprägenden Bürgerhäuser Erste Straße 10 & 12, gebaut im späten 18. und beginnenden 19. Jahrhundert, wird das wunderbare historische Stadtbild der Neuenrader Innenstadt brutal zerstört. Die architektonischen Fehlgriffe der letzten Jahrzehnte setzen sich hier konsequent fort. Die geplante Erweiterung des Neuenrader Stadtparks in Richtung B229 bringt für die Innenstadt keinen Gewinn: Das gewachsene Stadtbild rund um die evangelische Kirche wird verfremdet, die Baulücke bleibt schmerzhaft sichtbar.

Im Buch „Kunst und Geschichtsdenkmäler im Märkischen Kreis“ des Heimatbundes MK wurde das Eckhaus Erste Straße 12 im Jahr 1983 als zweigeschossiges, dreiachsiges klassizistisches Traufenhaus beschrieben, das auf der linken Seite mit einem Krüppelwalm abgeschlossen ist. “Das verputzte Fachwerkhaus ruht auf stabilem Sockel und wird auf der Mittelachse von einem Flachgiebel bekrönt, dessen Schräggesims aus einem schlichten Kasten besteht. Das Tympanon wird von einem großen querovalen Okulusfenster eingenommen, das mit Speichensprossen gefüllt ist” (vgl. Seite 625).

Dass dieses Haus nicht als Denkmal eingetragen ist, lässt sich nur den zwischenzeitlichen Eingriffen zuschreiben. So wurde die “wesentliche Zier des Hauses”, eine klassizistische Eingangstür, “deren Blatt drei attische Pilaster zeigt, die konisch zulaufen, bis sich ihre Kapitelle fast unter dem Architrav berühren” offensichtlich durch geschmacklosen Umbau der Fassade, den Einbau riesiger Schaufenster und die Anbringung einer völlig überdimensionierten Treppe verunstaltet.

Der verwahrloste Zustand (vier Fenster zugemauert, die Fassade verhunzt) sagt aber nichts über die städtebauliche Bedeutung des Hauses für die Neuenrader Innenstadt aus. Nach erfolgter Instandsetzung könnten die beiden Häuser Glanzpunkte in Neuenrade sein. Sinnvoll wäre in jedem Fall eine nachträgliche Unterschutzstellung dieser Objekte – aus städtebaulichen Gründen (Ensembleschutz).

Mit der anstehenden Neuplanung der Verkehrswege in Neuenrade soll die Innenstadt aufgewertet werden. Sie wird für ihre Bürger also wieder attraktiv und lebenswert sein. Wohnraum in zentraler Lage wird zukünftig stark nachgefragt werden.

Es ist unbegreiflich, dass Neuenrade nichts aus seiner jüngsten Vergangenheit gelernt hat und seine wertvollsten, identitätstiftenden Innenstadtbereiche auch heute noch dem Bagger übergibt.

Neuenrade: Stadtbild zerstört